Die internationale Computerspiel-Industrie verzeichnet jährlich Umsätze von mehr als 80 Milliarden Euro und hat damit die Filmindustrie längst abgehängt. Titel beliebter Serien wie „World of Warcraft“ (WoW), „Grand Theft Auto“ (GTA) oder „Call of Duty“ (CoD) generieren an den ersten Wochenenden nach ihrer Veröffentlichung deutlich höhere Umsätze als (Hollywood-)Filme wie „Harry Potter“ oder „Avatar“ im selben Zeitraum. (Zum Vergleich: „FIFA11“ – 26 Mio. Euro, „Harry Potter und der Halbblutprinz“ – 11 Mio. Euro)
Die Produktionskosten solcher Games liegen dabei ähnlich hoch wie die von Hollywoodfilmen, hohe Budgets für Werbung und Vermarktung eingeschlossen. Diese Spiele werden im Sprachgebrauch als AAA- bzw. Triple A-Titel bezeichnet. Dabei wird der Handel mit Datenträgern durch Downloadversionen ergänzt. Plattformen wie Steam (PC), das Playstation-Network oder Xbox-Live bieten viele Arten von Spielen, kleine Indie-Titel genauso wie AAA-Spiele. Meist dienen diese Plattformen gleichzeitig als Community-Portale für die Spielenden.
Daneben gibt es andere Erscheinungsformen digitaler Spiele wie etwa Browsergames, die ohne Datenträger und Installation auskommen oder Mobile Games, die mitgenommen und jederzeit unterwegs gespielt werden können, da sie auf mobilen Konsolen, dem Smartphone oder Tablet laufen. Im Bereich der Browser- und der Mobile Games bietet das Geschäftsmodell „Free-to-Play“ digitale Spiele bzw. weite Teile ihrer Inhalte zur kostenlosen Nutzung an. Das Spiel bzw. sein Download ist kostenlos nutzbar, bestimmte Inhalte oder Vorteile im Spiel sind jedoch gesondert zu zahlen. Diese optionalen Käufe nennen sich Mikrotransaktionen, da es sich oft nur um Kleinstbeträge handelt, die bezahlt werden müssen. Werden sie innerhalb von Spielen getätigt, spricht man von In-Game-Käufen.
Diese Transaktionen sind eine wichtige Einnahmequelle und einer der Gründe, warum es sich für viele Hersteller lohnt, ein Spiel auf einem mobilen Endgerät und potenziell auch kostenlos zu veröffentlichen. Hinter diesen Bezahlmöglichkeiten verbirgt sich bisweilen auch das sogenannte „Pay-to-win“-Prinzip, das es den Spielenden ermöglicht, durch kleinere Investitionen besondere Spielvorteile zu erlangen. In diesem Modell haben zahlende Spieler*innen weit bessere Chancen im Spiel als solche, die kein Geld ausgeben möchten.
Bei vielen Spielen dieser Art müssen die Spielenden beispielsweise eine bestimmte Zeit warten, bis sie wieder handlungsfähig sind, können dies aber beschleunigen, wenn sie ein paar Cents bezahlen. Dies kommt zunächst unbedeutend daher, kann sich aber zu Beträgen summieren, die deutlich höher liegen als die Anschaffungskosten von Vollpreis-Titeln. Hinzu kommt, dass diese Beträge oft nur virtuell bezahlt werden und mitunter auch nur monatlich auf der Handyrechnung oder der Kreditkartenrechnung zu sehen sind. Dies birgt das Risiko, den Überblick über die tatsächlich entstandenen Kosten zu verlieren. Besonders für jüngere Nutzer*innen kann dies problematisch sein.
Noch immer spielen die meisten Menschen bevorzugt an PC oder Laptop (> 18 Mio.). Doch mit der zunehmenden Verbreitung von Smartphones und Tablets wird auch mobiles Gaming attraktiver. Für diese Geräte bieten App-Stores eine große Auswahl an Spielen, viele davon sind kostenlos oder sehr günstig zu erwerben. Damit ist der Zugang niedrigschwellig und holt die Nutzenden von Smartphones in einer Umgebung ab, mit der sie sich – unabhängig von Games – auseinander setzen. Entsprechend sind in diesem Sektor die Zahlen steigend: Mehr als 17 Millionen Menschen spielten 2015 auf dem Mobiltelefon.
Kulturgut Games
Digitale Spiele sind ein kreativer und dynamischer Sektor der Kulturindustrie. Die Entwickler*innen gehören zur Kultur- und Kreativwirtschaft, genau wie Autor*innen, Filmemacher*innen, Musiker*innen, bildende und darstellende Künstler*innen oder Designer*innen (vgl. BMWi).
Bereits 2008 hat der Deutsche Kulturrat digitale Spiele offiziell zum Kulturgut ernannt und daran erinnert, dass „jede Erwachsenengeneration mit den jeweiligen Kinder- und Jugendmedien ihre Probleme hatte“ (Quelle: Streitfall Computerspiele, S. 7). Längst hat zudem in der Auseinandersetzung mit digitalen Spielen ein Prozess der Vergeschichtlichung und der Musealisierung eingesetzt. Es gibt zahlreiche Ausstellungen mit verschiedenen Schwerpunkten (z.B. digitale Spiele als künstlerisches Material oder als historisches Artefakt), sowohl im deutschsprachigen als auch internationalen Raum. Das MoMA etwa sammelt seit 2012 aufbewahrungs- und ausstellungswürdige Games, die das große ästhetische und spielmechanische Spektrum des Mediums zeigen. Hier gibt es eine Übersicht dazu (engl.).
Viele digitale Spiele basieren auf altüberkommenen Spielmodellen und Geschichten. Strategie-, Rätsel-, Kampf- und Rollenspiele gab es lange vorher, ebenso wie Held*innen und Bösewichte. Sie werden durch die Rechner nur in eine neue digitale Form transformiert, insgesamt schließen sie an die kulturelle Überlieferung unserer Spiele und unserer Traditionen an. Die Form der technischen Darbietung der Spiele auf dem PC oder mithilfe der Konsole mag vielen fremd sein, die Spielinhalte und Spieldynamiken sind aber altbekannt.